Vegane Mandelmilch: Der komplette Guide zum cremigen Pflanzendrink
Mandelmilch hat sich in den letzten Jahren zu einer der beliebtesten pflanzlichen Milchalternativen entwickelt. Der cremige Pflanzendrink überzeugt mit seinem sanft-nussigen Geschmack und seiner Vielseitigkeit in der Küche. In diesem umfassenden Guide erfährst du alles Wissenswerte über Mandelmilch: von ihrem Ursprung über 1000 Jahre alte Rezepte bis hin zu praktischen Tipps für die Zubereitung zu Hause.
Wusstest du? Im Mittelalter hieß sie wirklich "Mandelmilch"! Die EU-Verordnung, die den Begriff "Milch" für pflanzliche Produkte verbietet, gibt es erst seit 2017 - umgangssprachlich sagen wir natürlich weiterhin Mandelmilch, auch wenn im Supermarkt "Mandeldrink" steht.
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Die Mandel: Eine uralte Kulturpflanze aus dem Orient
Bevor wir zur Mandelmilch kommen, lohnt sich ein Blick auf die Mandel selbst. Die Mandel (Prunus dulcis) ist keine Nuss im botanischen Sinne, sondern der Samen einer Steinfrucht - eng verwandt mit Pfirsich, Aprikose und Pflaume.
Ursprung in Zentralasien und dem Iran
Die Mandel stammt ursprünglich aus einer Region, die sich von Zentralasien über den Iran, Turkmenistan, Tadschikistan und Afghanistan bis in den Irak erstreckt. Archäologische und botanische Belege weisen auf den Iran und Anatolien (die heutige Türkei) als Hauptursprungszentren hin.
Die Mandel gehört zu den ältesten kultivierten Baumfrüchten der Menschheit. Archäologische Funde belegen den Mandelanbau bereits in der frühen Bronzezeit (3000-2000 v. Chr.) im Nahen Osten. Ein berühmtes Beispiel: Im Grab des Pharaos Tutanchamun (ca. 1325 v. Chr.) wurden Mandeln gefunden - vermutlich aus der Levante importiert.
Der Iran ist bis heute das wichtigste genetische Zentrum für wilde Mandelarten. Im Persischen werden grüne, unreife Mandeln "Chaqale Badam" genannt und als beliebter Snack mit Meersalz verzehrt.
Von Persien nach Europa
Die Mandel gelangte über Handelsrouten und später durch die Kreuzzüge nach Europa. Im Mittelmeerraum fand sie ideale klimatische Bedingungen. Heute werden etwa 80 Prozent der weltweiten Mandeln in Kalifornien angebaut - die Region verdankt ihre Mandelbäume spanischen Missionaren, die sie im 18. Jahrhundert aus Europa mitbrachten.
Eine über 1000-jährige Geschichte der Mandelmilch
Mandelmilch ist keineswegs eine moderne Erfindung. Im Gegenteil: Sie blickt auf eine über tausendjährige, gut dokumentierte Geschichte zurück.
Die ersten Rezepte aus Bagdad (10. Jahrhundert)
Die ältesten schriftlichen Belege für Mandelmilch stammen aus dem Goldenen Zeitalter des Islam. Im 10. Jahrhundert verfasste Ibn Sayyar al-Warraq in Bagdad das Kitab al-Tabikh ("Das Buch der Gerichte") - eines der ältesten erhaltenen Kochbücher der Welt. Darin finden sich bereits Rezepte mit Mandelmilch.
Im Jahr 1226 erschien eine weitere Version des Kitab al-Tabikh, verfasst von Muhammad bin Hasan al-Baghdadi. Das Originalmanuskript befindet sich noch heute in der Süleymaniye-Bibliothek in Istanbul.
In diesen frühen Rezepten wurde Mandelmilch nicht immer "Milch" genannt. Begriffe wie "duhn al-lawz" (Mandelöl), "ma' al-lawz" (Mandelwasser) und später "halib al-lawz" (Mandelmilch) wurden verwendet. Die Mandelmilch diente als Basis für cremige Puddings wie Mahallabiyya und war Grundlage für Lauziinaq - einem Vorläufer des heutigen Marzipans.
Im Mittelalter: Europas "Mandelsucht"
Von Bagdad gelangte die Mandelmilch über Al-Andalus (das heutige Spanien und Portugal) nach Europa. Ab dem 12. Jahrhundert wurde sie in europäischen Küchen heimisch.
Der Grund für ihren Siegeszug: Die strengen Fastenregeln der katholischen Kirche. Während der Fastenzeit, an Freitagen und anderen Fastentagen - insgesamt etwa die Hälfte des Jahres - waren tierische Produkte verboten. Mandelmilch bot einen perfekten Ersatz für Kuhmilch.
Das erste deutsche Kochbuch: "Das Buch von guter Speise"
Ein besonders wichtiges Dokument ist Das Buch von guter Speise - das älteste deutschsprachige Kochbuch, entstanden um 1350 in Würzburg. Es ist Teil des Hausbuchs des Michael de Leone und befindet sich heute in der Universitätsbibliothek München.
Fast 25 Prozent der 101 Rezepte in diesem Kochbuch verwenden Mandeln oder Mandelmilch. Darunter das berühmte "Blanc manger" (Blancmange) - eine weiße Speise aus Mandelmilch, die im Mittelalter äußerst beliebt war.
Die Professorin für mittelalterliche Kochkultur Melitta Weiss Adamson von der University of Western Ontario bezeichnet die Begeisterung des späten Mittelalters für Mandelmilch nicht nur als "Liebe", sondern als regelrechte "Sucht".
Luxusgut für die Oberschicht
Mandeln waren im Mittelalter ein kostbares Gut. Im 15. Jahrhundert kostete ein Pfund Mandeln in London mehr als ein Pint Honig und dreimal so viel wie Butter. Die Speisen mit Mandelmilch kamen daher vor allem aus der Küche der städtischen Oberschicht und des Adels.
Nach der Reformation lockerten sich die Fastenregeln, und Mandelmilch geriet allmählich in Vergessenheit - bis zu ihrer Renaissance im 21. Jahrhundert als vegane Alternative.
Nährwerte und Inhaltsstoffe
Mandelmilch unterscheidet sich in ihrer Nährstoffzusammensetzung deutlich von Kuhmilch. Hier ein Überblick über die wichtigsten Nährwerte pro 100 ml ungesüßter Mandelmilch:
- Kalorien: ca. 13-17 kcal (Kuhmilch: ca. 64 kcal)
- Fett: ca. 1-1,5 g (überwiegend ungesättigte Fettsäuren)
- Kohlenhydrate: ca. 0,3-0,5 g
- Zucker: ca. 0,2 g (Kuhmilch: ca. 4,7 g)
- Protein: ca. 0,4-0,5 g
- Ballaststoffe: ca. 0,2 g
Vitamin E: Der Star unter den Nährstoffen
Der herausragende Nährstoff in Mandelmilch ist Vitamin E. Eine Portion kann bis zu 22-50 Prozent des täglichen Bedarfs decken. Vitamin E ist ein kraftvolles Antioxidans, das die Zellen vor freien Radikalen schützt und das Immunsystem unterstützt.
Anreicherung mit Calcium und Vitamin D
Die meisten kommerziellen Mandelmilchprodukte werden mit Calcium und Vitamin D angereichert, um einen ähnlichen Nährstoffgehalt wie Kuhmilch zu erreichen. Achte beim Kauf auf die Nährwertangaben, da sich die Anreicherung je nach Hersteller unterscheidet.
Der Protein-Aspekt
Ein wichtiger Unterschied zu Kuhmilch ist der niedrigere Proteingehalt. Während Kuhmilch etwa 3,4 g Protein pro 100 ml enthält, liefert Mandelmilch nur etwa 0,4-0,5 g. Wer auf eine proteinreiche Ernährung achtet, sollte den Proteinbedarf über andere Quellen decken.
Gesundheitliche Vorteile
Mandelmilch bietet mehrere gesundheitliche Vorteile, die sie zu einer attraktiven Alternative machen.
Laktosefrei und leicht verdaulich
Mandelmilch enthält von Natur aus keine Laktose. Das macht sie zur idealen Wahl für Menschen mit Laktoseintoleranz, die nach Schätzungen etwa 15-20 Prozent der deutschen Bevölkerung betrifft. Auch bei Kuhmilchallergie ist Mandelmilch eine gute Alternative (sofern keine Nussallergie vorliegt).
Kalorienarm und herzfreundlich
Mit nur etwa 13-17 Kalorien pro 100 ml ist ungesüßte Mandelmilch eine der kalorienärmsten Milchalternativen. Sie enthält kein Cholesterin und kaum gesättigte Fettsäuren. Die enthaltenen einfach ungesättigten Fettsäuren können laut Studien zur Herzgesundheit beitragen.
Vitamin E für Haut und Immunsystem
Das reichlich enthaltene Vitamin E unterstützt nicht nur das Immunsystem, sondern wird auch mit positiven Effekten auf die Hautgesundheit in Verbindung gebracht. Einige Studien deuten zudem auf einen möglichen Zusammenhang zwischen hoher Vitamin-E-Aufnahme und einem geringeren Risiko für kognitive Erkrankungen hin.
Geschmack und Verwendung in der Küche
Mandelmilch hat einen mild-nussigen, leicht süßlichen Geschmack, der an Marzipan erinnert. Diese charakteristische Note macht sie besonders vielseitig einsetzbar.
Perfekt für:
- Müsli und Porridge: Der nussige Geschmack harmoniert hervorragend mit Haferflocken und Früchten
- Smoothies: Verleiht eine cremige Konsistenz und dezente Süße
- Kaffee: Barista-Versionen schäumen besonders gut für Cappuccino und Latte
- Backen: Ersetzt Kuhmilch 1:1 in den meisten Rezepten und verleiht eine feine Mandelnote
- Desserts: Ideal für Puddings, Cremes und Eis - genau wie schon im Mittelalter!
- Herzhafte Gerichte: In Suppen und Saucen für eine cremige Konsistenz
Weniger geeignet für:
- Gerichte, bei denen der Eigengeschmack der Mandel stören könnte
- Rezepte, die auf den höheren Proteingehalt von Milch angewiesen sind
Mandelmilch selbst herstellen
Die Herstellung von Mandelmilch zu Hause ist überraschend einfach und folgt einem Prinzip, das sich seit über 1000 Jahren kaum verändert hat.
Grundrezept für etwa 1 Liter Mandelmilch
Zutaten:
- 200 g rohe, ungeschälte Mandeln (am besten Bio-Qualität)
- 1 Liter Wasser (plus Einweichwasser)
- Optional: 1-2 Datteln oder etwas Ahornsirup zum Süßen
- Optional: Eine Prise Salz und etwas Vanille
Zubereitung:
Einweichen: Die Mandeln in einer Schüssel mit reichlich Wasser bedecken und mindestens 8 Stunden oder über Nacht einweichen. Je länger die Einweichzeit, desto cremiger wird die Milch.
Abspülen: Das Einweichwasser abgießen und die Mandeln gründlich abspülen.
Mixen: Die eingeweichten Mandeln mit 1 Liter frischem Wasser in einen leistungsstarken Mixer geben und 1-2 Minuten auf höchster Stufe mixen.
Abseihen: Die Masse durch einen Nussmilchbeutel oder ein feinmaschiges Tuch in eine Schüssel abseihen. Den Beutel gut auspressen, um möglichst viel Flüssigkeit zu gewinnen.
Abfüllen: Die fertige Mandelmilch in eine saubere Glasflasche füllen und im Kühlschrank aufbewahren.
Haltbarkeit: Im Kühlschrank 4-5 Tage. Vor Gebrauch gut schütteln, da sich die Bestandteile natürlich trennen.
Tipp: Den übrig gebliebenen Mandeltrester nicht wegwerfen! Er lässt sich trocknen und als Mandelmehl zum Backen verwenden oder in Smoothies mischen.
Mandelmilch-Marken in Deutschland und Österreich
Im Supermarktregal findest du heute eine große Auswahl an Mandelmilch-Produkten. Die bekanntesten Marken sind:
- Alpro (gehört zu Danone)
- Alnatura (Bio-Qualität)
- dm Bio und REWE Bio (Eigenmarken)
- Provamel (Bio)
- Natumi (Bio)
- Joya (besonders in Österreich verbreitet)
In Österreich hat Mandelmilch einen Marktanteil von etwa 16 Prozent unter den pflanzlichen Milchalternativen - nach Hafermilch (55%) und Sojamilch (17%).
Achte beim Kauf auf ungesüßte Varianten, um zusätzlichen Zucker zu vermeiden. Bio-Produkte bieten oft den Vorteil, dass die Mandeln aus kontrolliertem Anbau stammen.
Umweltaspekte: Eine differenzierte Betrachtung
Die Umweltbilanz von Mandelmilch wird oft diskutiert. Hier eine sachliche Einordnung:
CO2-Bilanz
In puncto Treibhausgasemissionen schneidet Mandelmilch gut ab. Laut einer Studie des Carbon Trust verursacht die Produktion von Mandelmilch etwa 0,7 kg CO2-Äquivalente pro Liter - deutlich weniger als Kuhmilch mit etwa 3,2 kg CO2e pro Liter.
Wasserverbrauch
Der Wasserverbrauch ist der kritischste Punkt: Für die Produktion einer einzelnen Mandel werden laut einer Studie aus dem Jahr 2017 etwa 12 Liter Wasser benötigt. Da etwa 80 Prozent der weltweiten Mandeln in Kalifornien angebaut werden - einer Region mit wiederkehrenden Dürreperioden - ist dies ein berechtigter Kritikpunkt.
Allerdings: Auch Kuhmilch hat einen hohen Wasserverbrauch, und neuere Bewässerungstechniken wie Mikro-Irrigation können den Wasserverbrauch in der Mandelproduktion um 30-50 Prozent reduzieren.
Im Vergleich zu anderen Pflanzenmilch-Sorten
Wer den Wasserverbrauch minimieren möchte, sollte Hafer- oder Sojamilch in Betracht ziehen. Diese haben über alle Umweltkategorien hinweg (Landnutzung, Wasserverbrauch, Emissionen) die geringsten Auswirkungen.
Fazit: Für wen ist Mandelmilch geeignet?
Mandelmilch ist eine hervorragende Wahl für:
- Menschen mit Laktoseintoleranz oder Kuhmilchallergie
- Alle, die ihren Kalorienkonsum reduzieren möchten
- Liebhaber von nussigem, leicht süßlichem Geschmack
- Hobbyköche, die gerne mit neuen Zutaten experimentieren
- Umweltbewusste Konsumenten (im Vergleich zu Kuhmilch)
Weniger geeignet ist Mandelmilch für:
- Menschen mit Nussallergie (Vorsicht bei Mandelallergien!)
- Säuglinge und Kleinkinder als Milchersatz
- Sportler mit hohem Proteinbedarf (hier ist Sojamilch besser geeignet)
Die Geschichte der Mandelmilch zeigt: Was heute als moderner Trend gilt, hat in Wirklichkeit über 1000 Jahre alte Wurzeln - von den Küchen des mittelalterlichen Bagdads über die Fastenmahlzeiten europäischer Klöster bis in die veganen Cafés von heute.
Quellen:
- Wikipedia: Mandel
- Wikipedia: Das Buch von guter Speise
- Wikipedia: Kitab al-Tabikh
- Wikipedia: Almond Milk
- Healthline: Is Almond Milk Healthy?
- WebMD: Health Benefits of Almond Milk
- Gastro Obscura: Almond Milk in the Middle Ages
- World Resources Institute: Environmental Impacts of Plant-based Milks
- IVU: The Rich History of Almond Milk